Information checkedInformation unaudited Information geprüft Information ungeprüft «Der Klimawandel verschwindet nicht von heute auf morgen»


Group Treasury hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende ESG-Erfolgsgeschichte hingelegt: Seit 2019 konnten mehr als 80 Prozent der finanzierten Treibhausgasemissionen in der Eigenveranlagung eingespart werden. Ein Gespräch über Nachhaltigkeit, Rendite und den aktuellen ESG-Backlash* mit Alessio Manis.
Alessio, was bedeutet Nachhaltigkeit im Rahmen des Group Treasury?
Spätestens mit der Unternehmensstrategie ACT-26 hat das Thema auch für die Eigenveranlagung an Bedeutung gewonnen. Im Einklang mit der Zielsetzung, bis 2040 Netto-Null bei den Treibhausgasemissionen zu erreichen, haben wir grosse Anstrengungen unternommen, unseren finanzierten CO2-Fussabdruck zu verringern. Unser übergeordnetes Ziel ist es, die finanzierten THG-Emissionen bis 2026 um 30 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig achten wir im Rahmen unseres nachhaltigen Investmentansatzes darauf, dass auch Sozial- und Governance-Themen berücksichtigt werden. Nachhaltigkeit bedeutet also mehr als «nur» die Reduktion von Treibhausgasen.
Was kennzeichnet den nachhaltigen Investmentansatz?
Den nachhaltigen Investmentansatz haben die Kolleginnen und Kollegen im Asset Management entwickelt, wir haben ihn dann für uns adaptiert. Am wichtigsten ist sicherlich die Positiv- und Negativselektion bei Neuinvestitionen: Anhand diverser Kriterien wird entschieden, ob wir in bestimmte Unternehmen investieren oder nicht. Wir meiden beispielsweise Unternehmen, die gegen internationale Normen verstossen oder kontroverse Produkte herstellen. Dazu zählen unter anderem Tabak, Glücksspiel oder militärische Waffen. Gleichzeitig investieren wir gezielt in Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen. Ausschlaggebend ist hier das ESG-Rating eines renommierten ESG-Datenanbieters.
In den vergangenen Jahren habt ihr die finanzierten Treibhausgasemissionen im Group Treasury wesentlich reduzieren können. Bei dem Begriff werden die meisten Menschen vermutlich an qualmende Schornsteine und Bohrtürme von Ölfirmen denken. Was hat das mit einer Bank zu tun?
Qualmende Schornsteine und Bohrtürme haben wir bei der LLB natürlich nicht. Als Bank sind wir aber trotzdem in der Verantwortung: Wenn wir Kapital in Unternehmen investieren, die Treibhausgase ausstossen, dann sind wir für die entstandenen Emissionen mitverantwortlich. Das ist mit dem Begriff der «finanzierten» Treibhausgasemissionen gemeint – wir verursachen die Emissionen nicht selbst, schaffen durch unsere Investitionen aber die Voraussetzung dafür. Deswegen werden sie teilweise unserem CO2-Fussabdruck zugerechnet. Vereinfacht gesagt: Wenn ich 1 Prozent an einem börsenkotierten Unternehmen halte, dann muss ich mir auch 1 Prozent der Emissionen dieses Unternehmens zurechnen.
Und wie steuert man diese «finanzierten» Emissionen?
Das ist nicht ganz einfach. Als Bank müssen wir bei der Eigenveranlagung diverse regulatorische und reglementarische Vorgaben berücksichtigen. Zudem soll unser Portfolio diversifiziert und rentabel sein. Um gleichzeitig einen Beitrag zur Erreichung der globalen Klimaziele zu leisten, setzen wir im Group Treasury auf einen Mix verschiedener Instrumente: Dazu gehört einerseits der nachhaltige Investmentansatz, über den wir schon gesprochen haben. Andererseits haben wir 2022 beschlossen, unsere Stimmrechte bei Aktien im Sinne der Socially Responsible Investor (SRI) Policy auszuüben, das heisst: Wir setzen uns bei Unternehmen, in die wir investieren, aktiv für verantwortungsvolle Unternehmensführung und Nachhaltigkeit ein. Und schliesslich haben wir 2023 beschlossen, bei Neuinvestitionen den CO2-Fussabdruck der Emittenten zu berücksichtigen und nicht länger in den Sektor «fossile Energieträger» zu investieren.
Öl und Gas gelten noch immer als «Cash Cows». Habt ihr durch das Phase-out mit Renditeverlusten zu kämpfen?
Zugegeben: Unser Anlageuniversum wird durch regulatorische Anforderungen eingeschränkt. Derzeit verzichten wir auf einige wenige Emittenten, deren Rendite kaum höher ist als bei Alternativanlagen. Langfristig kann sich dieses Bild jedoch ändern, wenn sich immer mehr Investoren analog der LLB verhalten. Hierzu ein Beispiel: Wenn andere Finanzinstitute unserem Ansatz folgen und sich aus dem Sektor «fossile Energieträger» zurückziehen, erhöhen sich die Renditen in diesem Sektor, weil es immer weniger Investoren gibt. Dies geht wiederum mit höheren Risiken einher.
Befürchtest du persönlich einen Nachhaltigkeits-Backlash?
Die Skepsis gegenüber dem Thema ist bei vielen grösser geworden. Und manchmal mag die Kritik durchaus gerechtfertigt sein, etwa beim doch sehr hohen Tempo, das die Nachhaltigkeitsregulatorik in den vergangenen Jahren aufgenommen hat. Gleichzeitig dürfen wir nicht glauben, dass der Klimawandel einfach von heute auf morgen verschwindet, nur weil er gerade politisch nicht im Trend liegt. Insofern finde ich es richtig, dass wir als LLB an unserem strategischen THG-Reduktionsziel festhalten.
Zur Person: Alessio Manis
Alessio ist 2016 im Group Finance der LLB gestartet. In seiner Freizeit verbringt der Schweizer mit den italienischen Wurzeln viel Zeit mit Freunden und Familie. Er hat einen einjährigen Sohn und geht am nahe gelegenen Bodensee spazieren, joggen oder eine Runde schwimmen. Bei Urlauben am Meer nutzt er die Gelegenheit gerne für einen Tauchgang.
*ESG-Backlash
Der Begriff ESG-Backlash bezeichnet die wachsende Kritik und Gegenbewegung gegenüber Umwelt-, Sozial- und Governance-Initiativen (ESG) in Unternehmen, insbesondere wenn diese als politisch motiviert oder wirtschaftlich nachteilig empfunden werden. Kritiker argumentieren, dass ESG-Massnahmen die unternehmerische Freiheit einschränken und nicht immer im Einklang mit den Interessen der Aktionäre stehen.