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Information checkedInformation unaudited Information geprüft Information ungeprüft Mit dem Pferd auf über 3'000 Meter ü. M.

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Sommerzeit ist Bergzeit – auch für Pferde. Ein geführter Rundritt in den Engadiner Alpen, der sogenannte Circolo Engadina, sollte mich und mein Pferd in die Höhe bringen.

Von Anja Koeder

Startpunkt war die Alp Dürrboden auf 2'004 Metern über Meer bei Davos. Nach der kurvigen Anfahrt über eine schmale Strasse, dem Eintreffen des Rittführers und der Mitreiterinnen konnte das Wanderreitabenteuer beginnen.

Wanderreiten – das heisst: nicht nur reiten, sondern auch laufen. Gerade bergab oder auf schmalen, kniffligen Wegen ist das Führen des Pferdes die bessere Wahl. Dafür braucht es Kondition, Trittsicherheit und gute Schuhe, für den Reiter wie für das Pferd.

Pleiten, Pannen und ein erster Gipfel

Nach einer kalten, nassen Nacht im Massenlager starteten wir bei bewölktem Himmel mit etwas Sonne in Richtung Sertig Dörfli (1'861 m ü. M.). Nur das Nötigste war am Sattel: Tagesgepäck, Wasser, Snacks und Regenjacke. Das restliche Gepäck brachte der Trosser zum nächsten Etappenziel.

Der erste Tag hatte es in sich: Schmale Stege und Brücken forderten uns und die Pferde. Zwei aus der Gruppe landeten im Wasser. Gut, dass wir zur Mittagsrast auf der Ischalp (1'937 m ü. M.) Sonne tanken konnten, mit Blick aufs Jakobshorn. Am Abend dann: platter Reifen am Trosser-Anhänger. Ein gelungener Auftakt? Vielleicht. Aber zum Glück blieb es bei diesem einen chaotischen Tag.

Neun Stunden, eine Schlucht und viel Gras

Der zweite Reittag wurde lang – neun Stunden und 32 Kilometer. Doch das Reiten durch die spektakuläre Landwasserschlucht war jede Minute wert. Bei Wetterglück liessen wir uns von der Landschaft verzaubern. Und unsere Pferde freuten sich über regelmässige Pausen und saftiges Gras am Weg.

Tags darauf stand der Ela-Pass (2'723 m ü. M.) auf dem Programm, eine echte Herausforderung. Die Pferde kamen ins Schwitzen, wir stiegen ab. Zu Fuss liessen wir uns von den Tieren durchs steinige Gelände ziehen. Oben angekommen: Weitblick, Wind – und Stolz nach 2'043 Metern Aufstieg. Die anschliessende Nacht auf der Alp D’Err (2'179 m ü. M.) war verdient. Raclette zum Znacht, Hafer fürs Pferd – so schmeckt der Bergsommer.

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Gemeinsam durch steiniges Gelände, immer mit Blick auf das Ziel.
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Einige Abschnitte wurden auch zu Pferd bewältigt.

Wetterglück und Weitblicke

Gut ausgeruht ging’s weiter Richtung Bivio (1'771 m ü. M.). Über die Alp Flix führte ein schmaler Pfad hoch über dem Marmorera-Stausee zur Alp Natons (1'960 m ü. M.) – ideal für eine längere Pause. In Bivio wartete ein Hotelbett. Und eine warme Dusche.

Am nächsten Morgen dann: Regen, und zwar heftig. Die geplante Etappe über zwei Pässe mit steilen Abstiegen fiel dem Wetter zum Opfer. Zu gefährlich. Also: Material, Mensch und Pferd in den Hänger – dreimal über den Julierpass nach Surlej. Der ungeplante Pausentag tat dennoch gut.

Der Höhepunkt: Piz Nair auf 3'057 Metern

Am nächsten Tag dann das grosse Ziel: der Piz Nair über St. Moritz. Traumwetter, gute Kondition – unsere Pferde schafften den Aufstieg entlang Lej da Suvretta und Lej da Pesch mit Bravour. Nach einer ausgiebigen Pause ritten wir über den Suvretta-Pass ins Val Bever hinunter nach Spinas.

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Glücklich auf 3'057 Meter angekommen.

Ein kurzer Ritt nach Zuoz erlaubte eine letzte Verschnaufpause, bevor wir uns auf die finale Etappe machten: die Überquerung des hochalpinen Scaletta-Passes (2'606 m ü. M.) zurück zur Alp Dürrboden. Spektakulär, anspruchsvoll… und trocken. Das Regenzeug blieb im Gepäck.

7'000 Höhenmeter, 155 Kilometer und unzählige Erinnerungen

Rund 155 Kilometer in mehreren Etappen, fast 7'000 Höhenmeter, gelaufen und geritten. Es war physisch und mental anspruchsvoll. Aber auch unvergesslich. Ich bin stolz auf die Zuverlässigkeit meines Pferdes – und dankbar für die vielen eindrücklichen Momente, die ich aus den Bergen mitnehmen durfte.