Information checkedInformation unaudited Information geprüft Information ungeprüft Der Datenflüsterer
In einer digitalen Welt spielen Daten eine entscheidende Rolle und sind von unschätzbarem Wert. Sie bieten Unternehmen die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu optimieren und Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Hier kommen Data- oder Digital-Analysten zum Einsatz.
Um eine ganzheitliche Nutzererfahrung zu bieten, müssen Unternehmen Kundenbedürfnisse verstehen. Doch um Kunden zu verstehen, müssen wir sie kennen und das geht nur, wenn wir Daten sammeln. Das können Informationen aus persönlichen Gesprächen sein, zunehmend stammen sie aus digitalen Quellen.
Wie aber werden all diese Daten gesammelt, analysiert und in wertvolle Erkenntnisse verwandelt? Und welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen dabei beachtet werden, insbesondere beim Sammeln von Daten von Websites, Apps und anderen digitalen Kanälen? Um diese Fragen zu klären, haben wir mit Christian de Cassan gesprochen, der seit Anfang des Jahres als Senior Digital Analyst bei der LLB tätig ist.
Um mich auf das Interview mit dir vorzubereiten, habe ich gegoogelt, was ein Digital Analyst ist. Das kam dabei heraus:
Als Data Analytics bezeichnet man den Prozess, in dem aus erfassten Daten Erkenntnisse gewonnen werden. Dazu werden mithilfe von Data Science aus zahlreichen Datenquellen die Daten extrahiert und zur weiteren Verarbeitung aufbereitet. Erst dann können Daten analysiert werden. Das so gewonnene Wissen soll dazu dienen, bessere Entscheidungen in Unternehmen treffen zu können und Optimierungspotenziale aufzudecken.
Das ist eigentlich eine gute Zusammenfassung – ich möchte aber noch auf den Unterschied zwischen einem Data Analyst und Digital Analyst eingehen. Ein Data Analyst analysiert grundsätzlich Daten aus verschiedenen Quellen, der Beruf des Digital Analyst enthält aber eine Komponente mehr. Neben der reinen Datenanalyse bin ich auch dafür verantwortlich, wie Daten im digitalen Raum überhaupt erhoben werden. Das bedeutet, ich setze die gesamte Struktur für die Datenerhebung auf, sei es auf Webseiten oder in Apps. Dazu arbeite ich eng mit Web- und App-Entwicklern zusammen, um sicherzustellen, dass wir ein funktionierendes Messsystem haben. Ich analysiere Daten basierend auf der sogenannten Customer Journey – also welche Phasen durchlaufen unsere Kunden beispielsweise auf unserer Website – und stelle sicher, dass wir die relevanten Informationen haben, um unsere Ziele zu erreichen.
Du kannst es dir auch so vorstellen, wie wenn du eine Umfrage erstellst. Da musst du dir auch vorher überlegen, was für Fragen du stellst, damit du zu den gewünschten Informationen kommst.
Wie würdest du einem fünfjährigen Kind deinen Beruf erklären?
Gute Frage – ich würde es wahrscheinlich an einem Beispiel erklären und ein Tablet nehmen und eine App öffnen. Wenn das Kind auf etwas klickt, kann ich ihm zeigen, dass ich jetzt weiss, dass es etwas angeklickt hat. So kann ich auch sehen, was Menschen auf einer Webseite tun, wie beispielsweise dass 50 Prozent auf einen bestimmten Button geklickt haben.
Über Christian de Cassan
Funktion: Senior Digital Analyst
Bei der LLB seit: 1. Januar 2024
Wohnhaft in: Wetzikon (Ettenhausen)
Hobbys: Tennis und Mountainbike
Ist Digital Analyst ein neues Berufsbild?
Diesen Beruf gibt es wahrscheinlich seit circa fünfzehn Jahren, aber nicht in dieser Ausprägung, wie wir es heute sehen. Der Beruf hat sich stark gewandelt, beeinflusst durch die Digitalisierung und die Werbebudgets, die im digitalen Raum stark gestiegen sind. Es mussten zuerst Systeme geschaffen werden, um die benötigten Daten zu erfassen. Und es gibt keine standardisierte Ausbildung für diesen Beruf oder einen Kurs – alles wird «on the job» gelernt.
Ich habe 2016 mit geringem Fachwissen in einer Agentur angefangen – da waren wir zu dritt. Als ich 2023 die Agentur verlassen haben, waren wir insgesamt 13 Kolleginnen und Kollegen. Das zeigt, wie wichtig unser Beruf geworden ist.
Du hast jetzt sehr viel von Datensammeln und -erheben gesprochen. Es gibt viele Menschen, die haben genau davor Angst. Wie stehst du dazu?
Ja, das verstehe ich. Wir haben in Europa die ganzen Regulierungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (GDPR), wo einige finden, sie gehe sogar zu weit. Doch wir müssen allen Personen die Möglichkeit geben, nicht gemessen zu werden, wenn sie das nicht möchten.
Grundsätzlich ist es wichtig zu verstehen, dass es mir als Analyst nicht darum geht, dass Person XY auf dieses oder jenes geklickt hat. Mich interessiert vielmehr, wie viele Personen worauf geklickt haben, welche Merkmale (z. B. Standort) sie aufweisen oder über welchen Kanal (z. B. Google Werbung) sie auf die Website gekommen sind.
Ich kann also beruhigen: GDPR reguliert, zu recht, sehr stark, welche Daten gesammelt und wie sie genutzt werden dürfen. Früher gab es noch den «Wilden Westen» im Internet – da durften wir noch alles machen, auch Sachen, die eigentlich gar nicht nötig waren. Das ist zum Glück vorbei.
Und vielleicht können wir es uns auch bildlich vorstellen. Ich nutze hier gerne das Bild «La Trahison des Images» vom belgischen Maler René Magritte. Das Bild zeigt eine Pfeife mit der Beschriftung «Ceci n'est pas une pipe» (Das ist keine Pfeife).
Das Bild soll die Betrachter dazu bringen, die Realität zu hinterfragen. Denn das Bild ist tatsächlich keine Pfeife, sondern es zeigt eine Pfeife. Und genau so kann man sich unsere Arbeit vorstellen: Wir erstellen nur ein Bild.
Was überlegst du dir, wenn du ein Datenkonzept erstellst?
Ich fange nie bei den Daten an, sondern ich muss das Ziel kennen und wissen, was es für eine Datenstruktur braucht, um das Erreichen dieses Ziels zu messen. Die Möglichkeiten sind stark an die jeweilige Website und ihr Ziel geknüpft. Es gibt Sachen, die kann ich nicht messen oder nicht in dem Detaillierungsgrad, wie wir es uns wünschen würden.
Kannst du konkrete Beispiele aus der LLB beschreiben?
Aktuell bin ich in mehrere Projekte involviert. Nehmen wir die wiLLBe-App. Hier möchten wir die Messung standardisieren, denn wiLLBe ist nicht nur eine App, sondern hat auch eine Website und ist im App-Store zu finden.
Ein weiteres Projekt ist die Harmonisierung von digitalen Werbekampagnen, die über verschiedene Kanäle wie Facebook, Website, Google etc. laufen. Die Daten von den unterschiedlichen Kanälen liegen in unterschiedlichen Silos. Das gilt es, zusammenzuführen und in ein Verhältnis zueinander zu setzen. Das erlaubt es dann, die Kampagnen ganzheitlich zu optimieren und den Return on Ad Spend (ROAS) zu steigern.
Wie wird man denn Data Analyst?
Es gibt nicht den typischen Weg oder die eine Ausbildung. Ich habe einen Master in empirischer Volkswirtschaft der Universität Zürich. In diesem Studium habe ich mich mit politischer sowie mit der Verhaltensökonomie beschäftigt, was gar nicht so weit von dem entfernt ist, was ich heute tue.
Ansonsten bin ich in den Beruf reingerutscht. Während meiner Zeit bei der Uni habe ich bei einem Start-up mit einem digitalen Geschäftsmodell gearbeitet. Dort habe ich mir viele Fähigkeiten selbst beigebracht, weil sich niemand um die Website und die Analyse gekümmert hat.
Du wertest also den ganzen Tag Zahlen aus – was machst du als Ausgleich?
Ich bin in der Stadt Zürich aufgewachsen, wohne jetzt aber im Zürcher Oberland – unsere Nachbarn sind Kühe und Hühner. Das allein gibt mir schon einen wichtigen Ausgleich. Ich geniesse es, auf dem Balkon zu sitzen und den Blick in die Natur zu geniessen.
Ausserdem mache ich viel Sport – ich spiele wieder Tennis, nachdem ich wegen eines Kreuzbandrisses aussetzen musste.
Was ist ein Digital Analyst?
Ein Digital Analyst ist ein Experte, der digitale Daten sammelt, analysiert und interpretiert, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre Onlineperformance zu verstehen und zu optimieren. Er nutzt eine Vielzahl von Datenquellen wie Webseite, soziale Medien, Onlinewerbekampagnen und Apps, um wertvolle Informationen über das Nutzerverhalten und Markttrends zu erhalten. Mit seinem analytischen Fachwissen liefert der Digital Analyst strategische Empfehlungen, um die Ergebnisse zu verbessern und um die Unternehmensziele zu erreichen.